Sehr geehrter Oberbürgermeister Heiler,
Bürgermeister Deuschle,
Kolleginnen und Kollegen,
werte Zuhörer,
Das Jahr 2020 wird uns wohl noch Jahre in Erinnerung bleiben, nie dagewesene Beschränkungen und Auflagen und ein noch nicht abzuschätzender Einbruch im Bereich der Gewerbesteuer. Ein schweres Jahr liegt hinter uns, ein wahrscheinlich genauso schweres vor uns, aber vielleicht liegt darin auch eine Chance.
Hätte dies jemand bei der letzten Haushaltsverabschiedung vorausgesagt, ich glaube wir hätten alle nur darüber gelächelt. Die jetzige Situation allerdings erfordert von uns allen eine gewisse Selbstdisziplin und vor allem auch die Einsicht, dass es in den nächsten Jahren so nicht weitergehen kann. Fehlende Planungssicherheit im Bereich der Gewerbesteuer nimmt uns jeglichen Handlungsspielraum. Sparen, Sparen und nochmals Sparen ist jetzt angesagt. Das hier im Bereich der Freiwilligkeitsleistungen schon der Rotstift angesetzt wurde ist nur eine Folge dieser Situation. Leider stößt diese Maßnahme nicht überall auf Verständnis. Aber wenn das nötige Geld nicht da ist, kann man dieses auch nicht auszahlen. Miteinander zu sprechen, anstatt gleich auf die Barrikaden zu gehen, ist hier wohl der sinnvollere Weg.
Bereits im Jahr 2018 begann man die aus dem Jahre 2012 stammenden Vereinsförderrichtlinien zu überarbeiten. Ziel war es hierbei, den Vereinen eine gerechte und der aktuellen Situation angepasste Förderung zukommen zu lassen. Aufgrund der angespannten Haushaltssituation war eine Streichung der Grundförderung in diesem Jahr sicherlich nicht unser Wunsch, aber dennoch ein kleines Zeichen auch in diesem Bereich die Verabschiedung des Haushaltes zu unterstützen. Hierbei soll keinesfalls das ehrenamtliche Engagement der vielen Mitbürgerinnen und Mitbürger, die sich in ihrer Freizeit für das Gemeinwohl unserer Stadt einsetzen, vergessen werden. Ihnen gilt unser Dank und auch hoffentlich bald wieder unsere volle finanzielle Unterstützung, denn sie bilden das Rückgrat unserer Gesellschaft.
Sie, Hr. Oberbürgermeister, haben in der letzten Sitzung gesagt, dass nicht nur die Ausgabenseite in den Fokus der Haushaltskonsolidierung rücken muss sondern auch die Einnahmenseite. Überprüfung der Beitragssätze und Anhebung der Grundsteuer und der Gewerbesteuer sind hier unvermeidlich. Auch die Ansiedlung neuer Gewerbe sind ein vordringliches Ziel. Aber nicht nur wir suchen neue Einnahmequellen, sondern unsere Nachbargemeinden ebenso. Hier sollten wir unsere Stadt in ein besseres Licht rücken. Waghäusel hat sehr viel zu bieten, aber leider vergisst man das mit der Zeit, weil es selbstverständlich wird.
Wir tragen die geplanten Investitionen, wie Sanierung und Anbau der Realschule, Neubau eines weiteren Kindergartens und eines Waldkindergartens, Bau eines Busbahnhofs, Sanierung der Grundschule Wiesental, weiterer Ausbau der Gemeinschaftsschule, Ortskernsanierung Wiesental mit. Unser Anliegen ist es aber, dass in manchen Bereichen auch etwas abgespeckt wird. Wir wollen keine Vorzeigeobjekte. Wir brauchen funktionale praktische Bauten ohne großen Schnick Schnack. Der Kindergarten Wiesenwichtel in Wiesental ist ein herrlicher Neubau, gelungene Architektur, freundlich und großzügig. Hier hätte man unseres Erachtens mit einem funktionalen Bau Kosten sparen können. Darauf sollte man in Zukunft ein größeres Augenmerk legen.
Ansprechen möchten wir auch den Neubau eines weiteren Kindergartens in Wiesental, der bei derzeitiger Planung mit 6,5 bis 7 Millionen Euro zu Buche schlägt. Es ist ein 6 gruppiger Kindergarten der, wenn man die Kostensteigerung mit einrechnet, in etwa den Kosten des Wiesenwichtelkindergartens entspricht. Im Vorfeld gab es heftige Diskussionen die Kosten betreffend. Wir möchten hier ganz klar zum Ausdruck bringen, dass wir zu dem neuen Kindergarten stehen.
Wir können uns die Kosten aber beim momentanen Haushaltsdefizit nicht leisten. Einsparungen im Raumprogramm halten wir für nicht sinnvoll. Kosten müssen vor allem bei der Ausführung eingespart werden. Wir verstehen, dass das beauftragte Architekturbüro hier ein Referenzobjekt für sich erschaffen möchte, aber nicht auf unsere Kosten. Deshalb lehnen wir einen Kindergarten in dieser Kostenhöhe ab. Wir können uns im Moment keine Prestigeobjekte leisten und fordern deshalb kostensenkende Funktionsbauten.
Realschule
Wir freuen uns sehr, dass die schon lange überfällige Sanierung und Erweiterung des Realschulgebäudes in 2020 endlich begonnen hat.
Die Sanierung des Daches ist abgeschlossen, die weitere Sanierung und der Anbau sind in Planung, so dass voraussichtlich im Februar 2022 mit dem Bau der Erweiterung begonnen werden kann. Ab 2022 soll ein Teil der Klassen in einem Interimsgebäude untergebracht werden. Alternativ wird der Vorschlag diskutiert, die Klassen für ca. 2 Jahre in den freiwerdenden Räumen der Schillerschule zu unterrichten. Diesem Vorschlag wollen wir nicht zustimmen, da es hierdurch zu einer Verzögerung bei der Einrichtung des Grundschulzentrums in Kirrlach kommen würde. Der Transport der Schüler zwischen den Standorten generiert wiederum neue Kosten, wodurch die Einsparungen durch die Nutzung der vorhandenen Räumlichkeiten geschmälert würden. Dennoch erscheinen uns die angesetzten Kosten von 1.3 Millionen Euro für ein Interimsgebäude zu hoch und wir würden es begrüßen, wenn die Verwaltung hier nach einer günstigeren Alternative suchen würde.
Was uns in letzter Zeit immer mehr beschäftigt ist das Verhalten der Bevölkerung. Erneuerbare Energien, Windkraft, Geothermie, Ausstieg aus der Kernenergie und der Braunkohle, vorantrieb der E-Mobilität, diese Themen sind in aller Munde. Darauf angesprochen ist jeder dafür und hält es für erstrebenswert. Andererseits formiert sich regelmäßig Widerstand in der Bevölkerung und keiner will Windräder oder ein Geothermie Kraftwerk in seiner Nachbarschaft und die geplante Stromautobahn verunstaltet nach Meinung Vieler die Natur. Auch hier sollte ein Miteinander angestrebt und gemeinsam nach sinnvollen Lösungen gesucht werden.
Für Unverständnis und Kopfschütteln sorgen auch die zunehmenden Kosten für die Kinderbetreuung. Die Landesregierung und die etablierten Parteien beschließen jedem Kind einen Betreuungsplatz anzubieten, aber die Zeche zahlen wollen sie dafür nicht. Über 9,6 Millionen Euro Personalkosten und Zuschüsse an Kindergartenträger sind kein Pappenstiel und die Kosten wachsen weiter an. Eine kostengünstigere Alternative soll der von uns gestellte Antrag für die Einrichtung eines Waldkindergarten sein. Die Verwirklichung hat nun doch länger als ursprünglich geplant auf sich warten lassen. Die Unwegsamkeiten bei der Verwirklichung der ersten Planung mit „Die Waldwichtel St. Leon-Rot e.V.“ zwangen die Verwaltung leider, noch einmal alle Komponenten neu zu entwickeln. Ein neuer Platz musste gefunden werden und nicht zuletzt auch ein neuer Träger, der kurzfristig nach der Kündigung des Vertrags mit den Waldwichteln einspringen konnte. So war dann die Erleichterung groß, als der Postillion e.V. sich für die Trägerschaft eines Waldkindergartens in Waghäusel entschied. Als neuen Standort wählte die Verwaltung das kleine Waldstück zwischen Realschule, Rheintalschwimmbad und dem SSV- Sportgelände. Für uns Freie Wähler kann dieser Platz nur eine Übergangslösung sein. Für einen Waldkindergarten ist unserer Meinung nach die gewählte Fläche zu nah an störenden Einflüssen, wie z.B. der in unmittelbarer Nähe vorbeifahrende Autoverkehr zur SSV- Halle, zum Trimm Dich- Pfad und zu den Tennisplätzen. Auch wird für die nächsten Jahre nicht zu vernachlässigender Baulärm zu erwarten sein. Und in den Pausen werden sicher auch die Realschüler nicht zu überhören sein, genauso wie in den Sommermonaten die Gäste des Freibades. Wir stimmen der Verwaltung zu, dass man einen Platz suchen musste, an dem man mit möglichst geringem Aufwand nun schnell starten kann, bitten aber darum, die Suche nach einem geeigneteren Standort nicht aus den Augen zu verlieren. Unser Dank gilt an dieser Stelle allen Erziehern und Erzieherinnen unserer Einrichtungen für ihre unermüdliche, hochqualifizierte Leistung, die sie im vergangenen Jahr und noch bis in dieses Jahr hinein unter ungleich höheren körperlichen und seelischen Belastungen vollbracht haben und weiterhin vollbringen.
„Tempo 30“ und dessen Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit führt auch innerhalb unserer Stadt zu geteilten Meinungen. Nach einer Studie der Universität Duisburg ereignen sich bei Tempo 30 deutlich weniger Verkehrsunfälle als in vergleichbaren „Tempo 50“ Bereichen. Zudem reduziert sich das motorisierte Verkehrsaufkommen innerhalb von Städten mit „Tempo 30“. Dies hätte somit nicht nur eine Kostenreduzierung im Straßen- und Wegebau, sondern auch bei unseren städtischen Einsatzkräften (z.B. Feuerwehr) zur Folge. Bei Tempo 30 haben Unfälle weniger schwere Folgen, die Gefahren können besser erkannt werden und die Autofahrer nehmen mehr Rücksicht auf die Kinder. Es bleibt sicherlich auch unbestritten, dass Tempo 30 mehr Sicherheit für alle nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmer mit sich bringt. Deshalb setzt sich die Fraktion der Freien Wähler grundsätzlich für eine Einführung von „Tempo 30“ innerhalb unserer Großen Kreisstadt ein. Tempo 30 Zonen alleine sorgen nicht für eine Verkehrsreduzierung, sondern eher für eine Verlagerung. Das Ziel, unnötigen Verkehr zu vermeiden schaffen wir nur gemeinsam. Hier fordern wir jeden Einzelnen dazu auf seinen Beitrag zu leisten.
Silos und deren Abriss
Bereits im September 2013 waren es die Freien Wähler, die den Antrag zum Abriss der beiden Silos gestellt haben. Wir sind der Meinung, dass diese Industrieruinen nicht in das Gesamtbild des Kleinodes Eremitage gepasst und die dort mit großem finanziellem Aufwand geschaffene Parkanlage erheblich gestört haben. Einer Nutzung konnten die Bauwerke nicht zugeführt werden. Zudem war aufgrund der verbauten Schadstoffe mit einer stetigen Steigerung der Abrisskosten in den kommenden Jahren zu rechnen. Auch hier folgte ein kleiner Krimi, doch Ende 2020 war es dann soweit, die Silos sind weg, jetzt müssen nur noch die Fundamente und der Abraum entsorgt werden. Hoffen wir das wir bei der Endabrechnung keine bösen Überraschungen erleben, und dass das Grundstück schnellst möglichst einer Vermarktung zugeführt werden kann.
Zum Schluss möchten wir uns bei Ihnen Herr Oberbürgermeister Heiler, bei Ihnen Herr Bürgermeister Deuschle, bei allen Fachgebietsleitern und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung für die geleistete Arbeit im vergangenen Jahr recht herzlich bedanken. Danke auch an Sie Fr. Herling und Hr. Wagner für die Erstellung dieses schwierigen Haushaltsplans.
Wir bedanken uns für die Pressearbeit bei Herrn Klumpp und danken den Kolleginnen und Kollegen des Rates für die zwar oft kontrovers geführten Diskussionen, aber auch konstruktive Zusammenarbeit, wenn es galt die Interessen unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger zu vertreten.
Bleiben Sie gesund und kommen sie gut durch das kommende Jahr, das wünschen Ihnen die Freien Wähler Waghäusel Wir stimmen dem vorliegenden Haushaltsplan zu.